Die neue Lutz-Orgel im Münster St. Marien und St. Jakobus zu Heilsbronn

Die 1139 geweihte Kirche des Zisterzienserklosters Heilsbronn, eine romanische Säulenbasilika mit gotischen Erweiterungen, ist Ziel für Touristen, Jakobspilger und Gottesdienstbesucher aus nah und fern. Sie ist heute Pfarrkirche der evangelisch-lutherischen Gemeinde.
Entsprechend dem Alter und der Baugeschichte besitzt das Heilsbronner Münster eine reiche, wechselvolle Orgelgeschichte. Die neue Lutz-Orgel beendet eine längere Suche nach dem optimalen Standort: Sie steht auf der klimatisch günstigen und optisch ansprechenden Südempore.

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Aufgrund des schwierigen Raumklimas (hohe Luftfeuchtigkeit) wurde das Orgelgehäuse aus Massivholz (vorzugsweise Eiche) gefertigt. Die architektonische Maßgabe war, möglichst wenig Fensterfläche zu verdecken und im Innern der Orgel ausreichend Platz für die gesamte Technik sowie für Wartungs- und Stimmarbeiten zu bieten.
Die Technik entspricht dem derzeit gängigen Standard: Schleifladen mit mechanischer Tontraktur, Registertraktur als Doppeltraktur, sowohl mechanisch als auch elektrisch, um auch Möglichkeiten der Speicherung von Registrierungen zu haben.

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Mit drei Rundtürmen und vier Flachfeldern entstand ein Orgelentwurf, ruhig und schlicht, aber nicht ohne Spannung. Die siebengliedrige Teilung zeigt außen die hohen Türme des Pedals, dem das jeweils erste Flachfeld zugeordnet ist. Hinter dem mittleren Rundturm mit den anschließenden Flachfeldern ist das Hauptwerk angeordnet. Das Hinterwerk steht auf gleicher Ebene und Breite wie das Hauptwerk, links und rechtes des Hauptwerkes ist das Kleinpedal angeordnet, dahinter das Großpedal.
Die formale Sprache der Orgelschauseite ist so ausgeprägt, dass den ornamenthaften Verzierungen genügend Raum zur Entfaltung bleibt. Die schlanken halbkreisrunden Türme betonen die Vertikale und wirken in ihrer kraftvollen Dreidimensionalität bildbestimmend. Die Maße der Orgel ergeben sich auf Grund der Maßverhältnisse des Goldenen Schnittes und deren Teile und zudem aus verschiedenen musikalischen Intervallverhältnissen.

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Im Kirchenraum existieren auf Grund der Bauphasen und der architektonischen Bedingungen mehrere „akustische“ Räume. Da das Orgelwerk nicht im Hauptschiff, also in der Längsachse, aufgestellt werden kann, musste der Standort des Werkes soweit wie möglich an die Emporenbrüstung des südlichen Querschiffes gerückt werden, damit die Klangabstrahlung in das Längsschiff nicht unnötig beeinträchtigt wird. Aus diesem Grund wurde das Kleinpedal, gleichwertig zum Hauptwerk, hinter dem Orgelprospekt platziert.

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Aufgrund der Architektur, verbunden mit der gegebenen Akustik und der Oberflächenbeschaffenheit des Sandsteines wurde die gewünschte süddeutsche Klangausrichtung nicht als zwingend in der tatsächlichen Ausführung betrachtet, sondern als Anregung, die süddeutsche Klangvielfalt der 8-Fuß-Register, Flöten, Aliquoten und Zungenstimmen in die räumlichen und akustischen Gegebenheiten des Münsters umzusetzen. Ausgangspunkt für die Disposition war die Überzeugung, dass nicht eine möglichst große Registerzahl, sondern die Klangqualität der Registerfarben eine gute Orgel ausmacht. So entstanden Principalmensuren, die ein tragfähiges und transparentes Klanggefüge ergeben.
Die 8-Fuß-Register haben eine deutliche Klangaussage. Sie sollen einerseits solistisch verwendbar sein, untereinander mischfähig und das Pleno im frühromantischen Sinn beeinflussen. Auf der anderen Seite sollen die Flöten und Gedackte als Basis für die Aliquoten dienen. Die 4-Fuß-Register komplettieren in ihrer Vielfalt die Grundstimmen. Neben den Grundstimmen in 8’ und 4’ Lage sind die Aliquoten fester Bestandteil der Disposition. Sie färben als Quint- und Terzregister den Grundregisterbestand besonders charakteristisch ein. Im Hauptwerk ist neben der principaligen Quinte 2 2/3’ ein klein besetztes weit mensuriertes Cornet disponiert, das Hinterwerk erhält eine nasale Quinte 2 2/3’ und eine markante Sesquialtera.
Die Klangkonzeption der Mixturen folgt den jeweiligen Principalen der einzelnen Teilwerke.

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Eine Besonderheit der Orgel ist das III. Manual, das als Echo-/Continuomanual mit nur einem Gedeckt-8’-Register konzipiert wurde. Während der Planung entstand die Idee, durch eine Transponiereinrichtung die Tonhöhe jeweils um einen Halbton nach oben bzw. nach unten zu verändern- Dass diese verschiedenen Tonhöhen auch gleichzeitig erklingen können, eröffnet Komponisten und Improvisateuren neue Klangräume, die als Pendant zur klassisch ausgerichteten Disposition des Orgelwerks gesehen werden können.

Martin Schiffel, Jürgen Lutz

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